Über die Angst

27. November 2019
Juri Viktor Stork

Angst hat immer etwas mit Zusammenziehen zu tun. Angst sitzt im Körper in Form von tiefen Verspannungen. Anders als die oberflächlichen Verspannungen, die du mit einem Besuch im Hamam oder bei der Sportmassage lösen kannst, sitzen unsere Ängste in Form von Verspannungen und Verhärtungen tief im Körper und gehören so selbstverständlich zum eigenen Wesen, dass sie nicht einmal mehr gefühlt werden. Sie sind eingelagert, „eingefroren“, und dadurch dem Fühlen entzogen.

Jede Auflösung von Angst geht einher mit einer fühlbaren körperlichen Entspannung. Viele Menschen atmen nie ganz aus, sie wissen nicht einmal mehr, dass sie das könnten. Der Atem ist für mich eines der ganz grossen Heilmittel. Ich arbeite nebst der Astrologie auch mit Stimme und den Tönen, und das erste, was ich den meisten Menschen vermitteln muss, ist: Ausatmen. Ausatmen heisst loslassen, sein lassen, fallen lassen. Die Angst ist Anspannung.

Wenn du eine Zelle anschaust, dann hast du einen Zellkern und eine Zellmembran. Du könntest nun den Kern als Sonne nehmen, die Zellmembran als Saturn. Die Zelle ist in einer ständigen Pulsation, vom Zellkern aus pulsiert es im Plasma an die Membran und wieder zurück, Ausdehnung und das Zusammenziehen. Der Raum zwischen Kern und Membran, das Plasma, könnte man dem Mond zuordnen, dann hast du die klassische Dreiheit: Impuls aus dem Kern, Bewegungsenergie, Grenzerfahrung. Sonne, Mond, Saturn. Brahma, Vishnu, Shiva (nicht, dass ich diese drei Gottheiten einfach so aus dem hohlen Bauch diesen drei Planeten zuordnen würde, obwohl…).

Ein (Zu)viel an Angst hat meistens damit zu tun, dass die Bewegung an der Grenze nicht zurückfliesst, sondern erstarrt, gerinnt. Damit verbunden ist das hypnotische Starren auf die Angsterfahrung. Die Hypnose gründet darin, dass die Erfahrung der Bewegung nicht fertig ist. Angst loslassen heisst tatsächlich, den Fokus von der Angst zu lösen und sich dem Fluss der Dinge, wie sie geschehen, wieder hinzugeben. Manche Leute brauchen dazu die Hilfe von anderen. Berührungen sind wunderbare Angstlöser, aber manchmal braucht es auch etwas länger, bis das Vertrauen soweit aufgebaut ist, dass jemand sich überhaupt erst berühren lassen kann. Aber sobald der Fokus vom Befürchteten abgezogen werden kann, fühlt man sich wieder lebendig und energetisch geladen (und umgekehrt natürlich auch, wenn ich mich gut bei mir fühle, habe ich weniger Angst).

Mit der Zeit entdecken diejenigen, die ihre Angst kennen und nicht wegschauen müssen, dass sie sich auch ihrem Zentrum zuwenden können und dies auch für den Menschen eine natürliche Bewegung ist: Impuls aus der Mitte, fliessen lassen, die Grenze erfahren und sich wieder der Mitte zuwenden. Das nenne ich lustvolles Dasein und glücklich, wer das ab und zu erfahren darf!